Worin unterscheidet sich die japanische Annexion Koreas grundlegend von den kolonialen Politiken des Westens?
Dieser Abschnitt erklärt detailliert, warum die japanische Annexion Koreas (1910–1945) historisch und strukturell völlig anders war als die kolonialen Herrschaftsmodelle der europäischen Großmächte. Japan übernahm Korea nicht aus expansivem Eigeninteresse, sondern nach internationalen Empfehlungen zur Stabilisierung der Region. Anders als westliche Kolonialmächte investierte Japan enorme finanzielle Mittel in Bildung, Infrastruktur und Industrialisierung Koreas, respektierte die koreanische Aristokratie und integrierte sie sogar in das japanische Adelssystem. Diese historische Realität widerspricht dem gängigen Narrativ der „Kolonialherrschaft“ und zeigt, dass es sich um eine politische Einigung (annexation) und nicht um koloniale Ausbeutung (colonization) handelte.
Worin unterscheidet sich die japanische Annexion Koreas grundlegend von den kolonialen Politiken des Westens?
13. Dezember 2022
Bis August 2014 las ich die Asahi Shimbun und wusste daher nicht, welch wahrhaft großer Gelehrter Nobuo Watanabe war.
Die meisten Leser der Asahi Shimbun dürften es ebenso wenig gewusst haben.
Dieses Kapitel sollten nicht nur japanische Bürger, sondern Menschen weltweit lesen.
p223–p233
● Worin unterscheidet sich die japanische Annexion Koreas grundlegend von den kolonialen Politiken des Westens?
Fünf Jahre nach dem Russisch-Japanischen Krieg schloss Japan am 22. August 1910 den „Vertrag über die Annexion Koreas“ mit dem Kaiserreich Korea.
Damit übertrug der koreanische Kaiser die Regierungsgewalt des Großkoreanischen Reiches an den Tennō von Japan.
Dies ist das, was man „japanisch-koreanische Annexion“ (Korea-Annexion) nennt.
Doch diese Annexion war keineswegs etwas, das Japan aktiv angestrebt hätte.
Vielmehr war sie eine Entwicklung, die man als unvorhergesehen bezeichnen kann.
Dafür gab es eine Vorgeschichte.
Unmittelbar nach dem Russisch-Japanischen Krieg schloss Japan im November 1905 mit Korea die Zweite Japanisch-Koreanische Übereinkunft.
Damit wurde Korea zum Protektorat Japans.
Japan richtete das Amt des Generalresidenten ein, und Hirobumi Itō wurde dessen erster Leiter.
Für Japan hätte eine Annexion Koreas eine enorme Last bedeutet, weshalb Itō dagegen war.
Denn wenn Japan Korea annektieren und die Verteidigung der gesamten Halbinsel übernehmen müsste, wäre dies eine enorme Belastung.
Hinzu kam, dass auf der koreanischen Halbinsel kaum Industrie existierte, sodass Industrialisierung und Infrastrukturaufbau gewaltige Aufgaben gewesen wären.
Obwohl Japan den Russisch-Japanischen Krieg gewonnen hatte, befand es sich nicht in einer Lage wie die europäischen Großmächte, um Kolonien auszubeuten.
Itō wusste das genau.
Allerdings gefährdete der unstabile koreanische Außenkurs Japans nationale Interessen.
Der Erste Chinesisch-Japanische Krieg wie auch der Russisch-Japanische Krieg waren letztlich durch die Korea-Frage ausgelöst worden.
Daher entstand die Idee, Japan solle lediglich vorübergehend die Außenpolitik Koreas übernehmen, bis Korea modernisiert und erstarkt sei.
Korea akzeptierte dies, und der entsprechende Vertrag wurde unterzeichnet.
Doch obwohl Japan gemäß der Übereinkunft Koreas Außenpolitik verwaltete, entsandte Korea 1907 heimlich Gesandte zur Haager Friedenskonferenz, um für die Wiedererlangung seiner diplomatischen Rechte zu werben.
Dies wurde jedoch von den anwesenden Staaten einhellig abgelehnt, und Korea wurde von der Teilnahme ausgeschlossen.
Dann wurde am 26. Oktober 1909 Hirobumi Itō am Bahnhof von Harbin vom koreanischen Terroristen An Jung-geun ermordet.
Dadurch schlug die japanische öffentliche Meinung abrupt in Richtung Annexion um, und im Jahr darauf kam es zur formellen Annexion.
Wie reagierte die internationale Gemeinschaft?
Alle Großmächte stimmten darin überein, dass die instabile Lage auf der koreanischen Halbinsel ihren Interessen schadete.
Großbritannien wie auch die USA befürworteten aktiv die japanische Annexion Koreas.
Die USA verlangten allerdings als Gegenleistung die vollständige Anerkennung ihrer Herrschaft über die Philippinen.
Großbritannien hingegen unterstützte die Annexion, weil ein starkes Japan als Verbündeter seine Interessen auf dem chinesischen Festland besser schützen würde.
Trotz dieser Empfehlungen von USA und Großbritannien stürzte sich Japan nicht unbedacht in eine Annexion.
Japan hörte sich die Meinungen Russlands, Chinas und anderer Länder sorgfältig an und entschied sich erst, nachdem kein einziges Land Einwände erhoben hatte.
In der damals veröffentlichten elften Ausgabe der Encyclopaedia Britannica, einem weit verbreiteten, aber zugleich autoritativen Werk, wurde die Annexion Koreas nicht als „colonization“ bezeichnet.
Vielmehr wurde der Begriff „annexation“ verwendet.
„Colonization“ bedeutet Ausbeutung eines unterlegenen Landes, während „annexation“ das Zusammenfügen zweier Staaten als gleichwertige Partner bezeichnet.
Das Verhältnis zwischen England und Schottland ist ein Beispiel für „annexation“, nicht für Kolonisation.
So betrachtete die Britannica auch das Verhältnis zwischen Japan und Korea.
Tatsächlich übertrug Japan innerhalb kurzer Zeit erhebliche Teile der Verwaltung an Koreaner.
Die Abgeordneten, die den japanischen Präfekturparlamenten entsprachen, waren schon sehr früh fast ausschließlich Koreaner, und auch Präfekturchefs traten aus koreanischen Reihen hervor.
Zur gleichen Zeit gab es in Korea politische Bewegungen, die die Annexion befürworteten.
Die größte Partei Koreas unterstützte den Zusammenschluss.
Oft wurde dies mit der Theorie der „gemeinsamen Abstammung“ begründet.
Japan und Korea hätten gemeinsame Vorfahren – und teilweise trifft das auch zu.
Zumindest zwischen Baekje und dem alten Japan bestand ein solches Verhältnis.
Die Länder vereinigten sich also auf dieser Grundlage.
Was Korea jedoch grundlegend von den Kolonien der westlichen Mächte unterschied, war Folgendes:
Japan investierte gewaltige Geldsummen, um Korea auf das gleiche Niveau wie Japan zu heben.
Japan baute Grund- und Mittelschulen, führte die Schulpflicht ein, errichtete Universitäten und Fachschulen, und lehrte sogar das damals kaum verbreitete Hangeul.
Zudem behielt das koreanische Königshaus seinen Status bis in alle zukünftigen Generationen.
Der Kronprinz blieb Kronprinz.
Die koreanischen Yangban (Adeligen) wurden als japanische Kazoku (Adel) übernommen.
So etwas wäre in einer europäischen Kolonie völlig undenkbar gewesen.
Weder indische noch birmanische Adelige konnten britische Lords werden, ebenso wenig konnten indonesische Dorfoberhäupter niederländische Adelige werden.
Daher ist es eindeutig falsch, die Korea-Annexion als koloniale Unterwerfung durch Japan zu bezeichnen.
Mit Japans Niederlage im Krieg endete die Annexion nach etwas mehr als dreißig Jahren.
In dieser kurzen Zeit wuchsen Bevölkerung und Produktion jedoch sprunghaft.
In nur dreißig Jahren blieb manches unvollständig.
Aber wäre es fünfzig oder hundert Jahre gewesen, hätten Japan und Korea vielleicht ein Verhältnis wie England und Schottland entwickelt.
Japan strebte genau diese Art von Beziehung an.
Unter den damaligen internationalen Umständen hielt Japan dies für den einzigen Weg, der beiderseitigen Interessen entsprach.
